SAC Sektion Zermatt

Tourenbericht

Kletterwoche Korsika, 10.–17. Oktober 2015 → Fotos

Leitung:
Urs Moor
Teilnehmer:
Annette Steger, Michel Petrig, Dominik Stephani

Samstag, 10. Oktober 2015

Endlich Ferien!

Korsika – das war unser Ziel in diesem Herbst. Der Treff­punkt war um 7.30 Uhr in Visp. Urs und Dominik holten uns ab und gemeinsam starteten wir über den Simplon via Livorno in unsere Reise.

Nach 5 Stunden Autofahrt und 4 Stunden auf der Fähre kamen wir dann bei Regen in Bastia an. Noch 2 Stunden Autofahrt, dann erreich­ten wir endlich unser Hotel in Solenzara, wo wir dann unseren Reisetag bei einem gemüt­lichen und typisch korsi­schen Abend­essen aus­klingen lassen konnten.

Sonntag, 11. Oktober 2015


Regen und Wolken waren ver­schwunden und wir um 8.30 Uhr schon unterwegs in Richtung Norden. Unser Sektor hiess «Chisa» und lag ganz in der Nähe von unserem Hotel.

Der Zustieg war gut markiert und es war kaum zu glauben – wir waren alleine, was für ein Luxus – und so blieb es den ganzen Tag!

Wir hatten alles was das Kletter­herz begehrt, super Fels, schöne Platten­kletterei, Routen in allen Kate­gorien und dabei unsere Ruhe!

Ein fantas­tischer und perfekter Einstiegs­tag, den wir gemütlich und zufrieden in unserem Hotel­garten beendeten.

Montag, 12. Oktober 2015

«Das Kletter­luder»


Unser heutiges Ziel ist das Bavella-Massiv. Ein ganz eindrück­lich schönes Kletter­gebiet an der Ostseite der Insel. Auf einer kurven­reichen Strasse geht’s hinauf zum Col de Bavella (1218 M ü.M). Es gilt nicht allzu schnell zu fahren. Immer wieder trifft man auf Ziegen, Schafe, Schweine (nein, leider keine Wild­schweine). Die Korsen nehmen es mit den Verkehrs­regeln nicht so genau. Oben bietet sich uns eine prächtige Aussicht auf die impo­santen Granit­felsen.

Die ersten Routen zum Aufwärmen und dann geht’s zur Sache. Inzwi­schen kriegen wir Besuch von einer jungen Dame, die uns ein wenig zuschaut. Dann die Frage, ob sie auch eine Route klettern dürfe. So ganz traue ich der Sache nicht, denn sie kommt da in Stiefe­letten und engen Jeans ange­rauscht. Schliess­lich packt sie doch noch die Kletter­finken aus und Dominik stellt sich als Sichern­der zur Verfügung. Und so klettert das Girl eine Seillänge mit. Aber so schnell wie sie auf­tauchte, so schnell ist sie wieder weg. Vor allem für Dominik ist das ärgerlich. Auf einmal läuft’s bei ihm überhaupt nicht mehr. Viel­leicht sind seine Gedanken zu sehr bei der jungen Melanie, oder er hat einen schlech­ten Tag erwischt!

Jetzt wagen wir uns an längere Routen. Genuss pur. Richtiges Plaisir-Klettern. Griffiger Fels mit Rissen, die sich die ganze Wand durch­ziehen. Dazu noch perfekt abgesi­chert. Was will man mehr.

Dienstag, 13. Oktober 2015

3. Klettertag - «Blutige Wand»!

Wie gewohnt beginnt unser Tag mit ausgie­bigem Frühstück und toller Morgen­stimmung.

Heute geht’s Südwärts ins «Conca» Kletter­gebiet. Bereits die Fahrt an der maleri­schen Küsten­strasse entlang lässt die Ferien­stimmung so richtig aufleben. Im «Conca» Gebiet ange­kommen – nach 1000 Serpen­tinen und Annette natürlich im Vorder­sitz – stellen wir fest, dass die Wände uns alleine gehören. Den Blick über die Land­schaft schwei­fend mit Aussicht auf die Buchten und das Meer ver­spricht Unvergess­liches. Schnell haben wir uns im '3em Secteur' einge­richtet. Urs fädelt ungeniert in die 6b+ ein, meistert sie bravurös und ich – mit noch immer hava­riertem Selbst­vertrauen – mache mich an den Nachstieg. Bereits bei der ersten Wand­berührung stelle ich fest, dass dieser Lime Stone (Kalkstein) Balsam für meine geschun­denen Finger­spitzen ist. Aber wenn ich so hoch schaue...? Wellness wird das sicher nicht. Kaum gedacht hänge ich mitten drin. Nach ein paar kräftigen Zügen habe ich die Schlüssel­stelle bezwungen, und leider jedoch damit auch meine Unterarme … Egal, denn für mein Ego war’s wichtig! Das Duo Annette und Michel rackert sich durch die 5er Routen und – weiss Gott warum – Urs macht sich an in die 6c+ ran. Sofort ist mir klar, das meine schlechte Fuss­arbeit zuvor wohl nicht Hilfreich war. Knapp hat’s Urs geschafft und nun komm ich zum Handkuss. Im Beginn des Überhangs kann ich mit einem Boulder Zug was retten, aber dann baumle ich auch bereits im Seil. Aha, die Sache wird persön­lich. Doch trotz Kampf und Gloria kriege ich’s nicht hin. Wieder einmal muss ich mich geschla­gen geben. Wieder am Boden versucht sich Michel an dieser Route. Er kämpft wie ein Löwe an derselben Stelle wie ich zuvor. Ich staune wie viel Power Michel hat! Leider gelingt es ihm dennoch nicht. Da noch zwei Express­schlingen oben sind, wage ich einen 2. Versuch. Voll Motiva­tion bin ich wieder am Schlüssel­punkt. Natürlich haut’s mich sofort raus, was hab ich mir da bloss einge­bildet. Im Gurtzeug baumelnd sehe ich plötzlich Blut­spuren am Fels. Michel hat Wort wörtlich bis aufs Blut gekämpft, sogar die Express­schlinge hat Blut­spritzer abge­kriegt! Hätte er was gesagt? Nein natürlich nicht. Tja Urs musste dann die Route nochmals klettern um alles Material zu holen.


Während­dessen stürzt sich Annette todes­mutig in den Vorstieg und knackt ihre Route einwand­frei. So viel Ego-boost verleiht Kräfte und eine zweite Route wird in Angriff genommen. Mit viel Kommentar geht’s bis in den Riss und dann, oje, der grösste Feind aller Kletterer lauert da auf sie. Rien ne va plus, alles Selbst­vertrauen geht dahin und man steht da wie ein Esel am Berg. Es scheint, mein gestriger Schatten hat nun Annette erwischt. Wie auch immer, sie nimmt’s mit Humor, denn es ist ja der 3. Tag, was das auch immer heissen mag. Bald ist mir ihre Aussage klar, denn viel Energie ist nach der Mittags­pause nicht mehr vorhanden. Frühzei­tig geht’s zurück und alle freuen sich auf den Hotelpool und das Bier! Wie das nicht schon Wohltat genug ist, verwöhnt uns Annette mit einer tollen Sport­massage. Natürlich am Pool mit Meerblick, what else!

Mittwoch, 14. Oktober 2015

Oje, wie schon von Meteo prophe­zeit, heute war Regen angesagt! Aber dafür gibt es auf Korsika genug Alter­nativen. Mit dem Kletter­material im Koffer­raum starteten wir via Porto Vecchio nach Bonifacio, ein histo­rischer Ort im Süden der Insel, eine Festung die auf einem Felsen gebaut wurde.


Der Dorf­rundgang war interes­sant, aber leider regnete es immer noch, also improvi­sierten wir weiterhin unser Schlecht­wetter­programm und fuhren weiter ins Landes­innere bis nach Propriano, wo wir dann im Hafen zu Mittag assen.

Die Heimfahrt über den Col Bavella verlief teilweise im Nebel, sodass wir das Klettern endgültig aufgaben und auf den nächsten Tag ver­schoben und ins Hotel zurück fuhren.

Donnerstag, 15. Oktober 2015

Oberhalb von Solenzara befindet sich am Mt. Sartu ein feines Klettergebiet, dass man über einen längeren Fuss­marsch erreicht.


Oben angelangt hat man ein tolles Panorama aufs Meer und die Umgebung. Das Gebiet bietet interes­sante Routen für jeden an. Nach kurzen Ein­klettern wagen wir uns an eine luftige Felskante mit schöner Reibungs­kletterei. Daneben probiert Urs noch eine 7a. Nach einigen Versuchen schafft er es und es gelingt ihm der Durch­stieg! Chapeau Urs.

Wieder zurück im Hotel gönnen wir uns eine Massage im Whirlpool. Das haben wir auch redlich verdient nach der Anstren­gung. Und danach zum Nacht­essen noch etwas für die Seele: „Cap Corse“ als Einstieg. Ein Kräuter­likör, der es uns allen angetan hat …

Freitag, 16. Oktober 2015


Spass am Fels

Eigent­lich wäre die Revanche im «Bavella» Kletter­gebiet geplant gewesen. Doch da starker Wind prognosti­ziert ist nehmen wir die Felsen einen Stock tiefer im «A Vacca» in Angriff. Kaum sind unsere Rücksäcke am Boden, strömt ein, dem Anschein nach, nicht versie­gender Strom halb­wüchsiger Kids aus dem Unterholz. Aus mit der Ruhe. Nun ja, sie über­lassen uns zumindest die 6er Routen und diese sind sehr spassig. Tolle Ausbuch­tungen, Unter­griffe und unglaub­lich griffiger Felsen, was meine Finger­spitzen endgültig ruiniert!. Alle haben ihren Spass, aber auch mit den Kids ist’s ok (welche natürlich auch Schweizer sind).


Die Aussicht auf die umlie­genden schroffen Felsen lässt unsere Phantasie wage­mutige neue Routen erfinden. Uns scheint’s hier gibt’s unend­liche Möglich­keiten. Wir klettern als ob’s das letzte Mal ist, was ja auch stimmt. Michel, unser Panzer, steigt im Vorstieg in eine 6b ein. Unver­mittelt produ­ziert er einen beinahe Salto rückwärts und fällt ins Seil. Annette war zum Glück parat und konnte ihn locker abfangen. Nur beim Toprope­versuch verliert Annette die Boden­haftung, was Urs und mir ein Grinsen beschert. «Mach ich was falsch?» fragt sie ernsthaft. «Musst mehr Pizzen essen» kommt’s prompt von Urs zurück.

Wie auch immer, Pizza nahm sie am Abend dennoch nicht. Zum Glück ist aber das Apéro-Spendie­ren auch geregelt, denn heute geht’s auf Urs und mich. Wie gehabt gehört sich das, wenn man den Express­griff nimmt. Den Abend lassen wir standard­mässig aus­klingen und geniessen noch die tolle Abend­stimmung. Morgen geht’s heim, was für ein süss-saurer Gedanke. Merci Urs, war eine super Woche!

Bericht: Annette, Dominik, Michel
Fotos: Michel, Urs